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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 09.07.2002
Aktenzeichen: 3 U 131/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 917
BGB § 242
Die Zufahrt zu einem Parkplatz auf einem Wohngrundstück, begründet kein Notwegerecht, wenn in der Nähe an anderer Stelle geparkt werden kann.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 131/01

Verkündet am: 9. Juli 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2002 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Kläger geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet, die unselbständige Anschlussberufung der Kläger ist dagegen unbegründet.

Den Klägern steht gegenüber den Beklagten kein Anspruch auf Duldung der Nutzung des Grundstücks der Beklagten - Flurstück 51/2 - aus § 917 BGB als allein in Betracht kommende Anspruchsgrundlage zu.

Nach dieser Norm kann ein Eigentümer von den Nachbarn für den Fall, dass einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Nutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege fehlt, verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar fehlt im vorliegenden Fall eine Verbindung des Grundstücks der Kläger, über die sie von einem öffentlichen Weg mit einem Kraftfahrzeug auf ihr Grundstück gelangen können. Im konkreten Einzelfall fehlt es jedoch daran, dass ohne die Möglichkeit, auch Kraftfahrzeuge auf dem Grundstück abzustellen, die ordnungsmäßige Benutzung dieses Grundstücks zu nicht mehr gewährleistet wäre; nur unter dieser Voraussetzung sieht § 917 BGB eine Verbindung mit einem öffentlichen Weg als erforderlich an. Hierbei sind bei der Beurteilung der Frage, ob eine notwendige Verbindung fehlt, strenge Anforderungen zu stellen, wobei Gesichtspunkte der Bequemlichkeit und auch Zweckmäßigkeit noch nicht die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks rechtfertigen (vgl. BGH NJW 1980, 585, 586; BGH NJW 1964, 1321). Die Notwendigkeit einer Zufahrt für Kraftfahrzeuge zu dem Zweck, sie auf einem Wohngrundstück abstellen zu können, stellt sich nicht als Regelfall dar, sondern könnte sich jedenfalls bei Bestehen der Möglichkeit des anderweitigen Parkens in der Nähe nur aus besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben, die ein unabweisbares Bedürfnis für die Inanspruchnahme des anderweitigen Grundeigentums begründen (vgl. BGH NJW 1980, 585, 587; OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 1042, 1043).

Übertragen auf den konkreten Einzelfall bedeuten diese Maßstäbe, dass den Klägern gegenüber den Beklagten mangels einer Notlage kein Anspruch auf Duldung des Beklagtengrundstücks zusteht. Bei dem Grundstück der Kläger handelt es sich um ein Wohngrundstück, da es mit einem Haus bebaut ist, das mehrere Wohnungen aufweist, die größtenteils vermietet und zum Teil durch die Kläger selbst genutzt werden. Eine Aufspaltung des einheitlichen Grundstücks in einen vorderen und einen hinteren Grundstücksteil mit unterschiedlicher Prägung erscheint nicht angebracht, da es sich um ein einheitliches Grundstück handelt und der hintere Grundstücksteil mit Garten und Garage ersichtlich untergeordnete und unterstützende Funktion gegenüber der maßgebenden Prägung durch das Fünf-Parteien-Mietshaus hat. Insoweit kann der Umstand, dass auf dem hinteren Grundstücksteil überhaupt eine Garage steht, nicht ohne weiteres dazu führen, dass das Wohngrundstück zur ordnungsgemäßen Benutzung auch mit einem Kraftfahrzeug befahrbar sein muss. Den Klägern war es auch unstreitig möglich, sich in unmittelbarer Nähe des Grundstücks zwei Garagen anzumieten, sodass ihnen das Parken in unmittelbarer Nähe des eigenen Grundstücks auch möglich ist.

Zutreffend ist zwar, dass entsprechend dem Klägervortrag die Beklagten bei Ersteigerung des Grundstücks Flurstück 51/1 Kenntnis von dem bisherigen Zustand hatten. Zum einen bedeutet dies aber nicht, dass auch ein unabweisbares Bedürfnis der Kläger an der Nutzung der Garage durch Kraftfahrzeuge besteht. Zum anderen kann dem entgegengehalten werden, dass es den Klägern vor Ersteigerung des Grundstücks durch die Beklagten freistand, sich beispielsweise ein Wegerecht an dem betreffenden Grundstück zu sichern oder aber selbst das entsprechende Grundstück zu ersteigern. Es war für die Kläger im Übrigen erkennbar, dass im Grundbuch kein Wegerecht für das Flurstück 52, sondern nur für das Flurstück 51/1 eingetragen war.

Es besteht auch kein Anspruch der Kläger auf Duldung der Zufahrt aus § 242 BGB in Verbindung mit dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis. § 917 BGB stellt schon eine weitreichend in das Eigentumsrecht des Betroffenen eingreifende Regelung dar, sodass nur in absoluten Ausnahmefällen auf § 242 BGB zurückgegriffen werden kann. Wenn die Beklagten eine hinreichende Anzahl von Parkplätzen zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gegenüber ihren dort wohnenden Mietern errichten, ist dies ein nachvollziehbares Interesse, das nicht hinter dem hier faktisch entsprechenden Wunsch der Kläger auf Einräumung eines Stellplatzes zurückstehen muss. Des Weiteren ist dem Vortrag der Kläger nicht zu entnehmen, dass hinreichend substantiiert rechtsverbindliche Zusagen der Beklagten und nicht nur ein bloßes Inaussichtstellen der Einräumung eines Wegerechts erfolgten.

Auch die zeitweise Duldung durch die Beklagten kann nicht dazu führen, dass die Beklagten zur weiteren Duldung verpflichtet sind. Selbst bei Annahme eines schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses durch zunächst fortdauernde unentgeltliche Gestattung der Zufahrt wäre ein entsprechender Duldungsanspruch wegen konkludenter Kündigung dieses Nutzungsverhältnisses durch die Beklagten erloschen (vgl. OLG Brandenburg, MDR 1997, 37).

Des Weiteren besteht nicht der von den Klägern im Rahmen der unzuständigen Anschlussberufung geltend gemachte Anspruch auf Anordnung eines Duldungsrechts zum Betreten des Beklagtengrundstücks zwecks Durchführung der Müllabfuhr. Ersichtlich ist es den Klägern möglich, die nur einmal im Monat erfolgende Müllabfuhr dadurch zu gewährleisten, dass sie jeweils die Mülltonne durch den Hausflur selbst zur Straße "" bringen, damit von dort die Müllabfuhr erfolgen kann. Die Betätigung der Müllabfuhr über die Schlachterstraße und das Grundstück der Beklagten wäre lediglich etwas, was der Bequemlichkeit der Kläger dienen würde. Auch der Umstand, dass früher eine Duldung der Müllabfuhr über das Grundstück der Beklagten erfolgte, kann entsprechend der bisherigen Ausführungen nicht zu einer fortdauernden Duldungspflicht der Beklagten führen. Das von den Beklagten eingereichte Schreiben der Stadt Schleswig vom 27.9.1999 besagt im Übrigen nur, dass die Müllwerker selbst nicht den Weg durch den Hausflur antreten würden, um die Tonne jeweils zu holen. Dies ändert nichts daran, dass die Kläger selbst die Tonne auch in der L bereitstellen können.

Nach alledem war das landgerichtliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Entgegen dem Antrag der Kläger ist die Revision gegen dieses Urteil nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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